Die Grünen im Rat lehnen das das Projekt IGA 2027 und die „Möblierung“ der Ruhrauen ab

Am 26.9.2018 wurden im Rat bei einer turbulenten Redeschlacht die beiden Vorhaben der Verwaltungsspitze und der SPD, die Ruhrauen mit zahlreichen Event-Plätzchen aufzuhübschen und sich für die IGA 2027 zu bewerben mit einer Mehrheit von Grünen, der CDU und den Ratsmitgliedern Frau Goeke und Hr. Czichowski abgelehnt.

Die Ruhrnachrichten titeln am 27.9.2018 tendenziös: IGA 2027 – ohne Schwerte
Das Ruhrtal-Journal am gleichen Tag noch weitergehend: Keine IGA, kein Ruhrkorridor
Beide Titel weisen nach unserem Dafürhalten in eine falsche Richtung. 

Weder findet die IGA ohne Schwerte statt – nur anders als der Bürgermeister und die SPD sich das vorstellen.

Im wahrsten Sinn „natürlich“ bleibt der Ruhrkorridor erhalten – aber eben naturbelassen und nicht zugebaut.

Hier nun der Versuch einer Aufarbeitung. Was war geschehen?

Zuletzt im Februar 2018 wurde dem zuständigen Fachausschuss des Rates eine Planung der Gesellschaft urbanegestalt GmbH zur weiteren Beratung in den Fraktionen vorgelegt. Diese Planung beschrieb im Wesentlichen eine neue Zuwegung vom Markt über den Wuckenhof bis zur Rohrmeisterei und runter an die Ruhr. Damit verbunden: die vorhandene Tiefgarage mit längeren Öffnungszeiten und Aufzug, mehr Barrierefreiheit auf dem kleinen und großen Markt, Verbesserung der Wegeführung bis zur Rohrmeisterei.

Vorher waren durch die öffentliche und die Diskussion im Fachausschuss verschiedene Gimmicks wie (Aussichts-)Balkone, eine Art Amphi-Theater an der Ruhrstraße u.a.m. kassiert worden und nicht mehr Bestandteil der Planung.

Durch die Bürgermeisterwahl im März und der neuen politischen Ausrichtung mit dem neuen BM Axourgos gab es keine weitere Befassung mehr mit diesen letzten Plänen. 

Und dann kommt 14 Tage vor der Sitzung des Fachausschusses und eine Woche vor der Ratssitzung eine völlig neue Planung auf den Tisch mit zahlreichen Aussichtspunkten, neuen Wegen, Spiel- und Sportmöglichkeiten, begehbaren Kunstorten, zahlreichen Aussichtsbalkonen, Aussichtsturm usw.

Wir nennen das ein Zubetonieren der Ruhrauen!

Dabei wurde diese Planung des Geländes unterhalb der Rohrmeisterei bis zum Kanuverein als erster Schritt der neuen „Möblierung“ der Ruhrauen gewertet: 

In der Vorlage der Verwaltung stand bis zuletzt (d.h. auch in der zuletzt abgespeckten Form der Vorhaben) das Areal von der Brücke B236 in Villigst bis zur A45-Brücke in Westhofen zur Disposition. 

Wir Grüne erwarteten in Form der Salami-Taktik in den nächsten Monaten und Jahren immer wieder kleine und größere neue Vorstöße zur Bebauung dieses Areals. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an das abgelehnte Vorhaben der SPD-Fraktion aus dem letzten Jahr, ein Strandbad in den Ruhrauen errichten zu wollen.

Während zuvor insbesondere im Jahr 2017 eine öffentliche Diskussion mit Anhörungen und Workshops zur neuen Zuwegung vom Markt bis zur Rohrmeisterei unter zahlreicher Bürgerbeteiligung stattfand, sollten nun die neuen Pläne des Bürgermeisters mal eben durch- und umgesetzt werden.

Als Krönung und Sahnehäubchen wurden noch erhebliche zusätzliche Fördermittel durch eine Beteiligung bei der IGA 2027 als Lockmittel angekündigt.

Hier ein Faktencheck aus Grüner Perspektive:

  • Wenn man Bürgerkommune werden will, geht dies nicht ohne die Beteiligung von Bürgern bei einer so einschneidenden und tiefgreifenden Maßnahme.
    Da muss mehr Zeit und Raum gelassen werden, derartige Planungen mit den BürgerInnen zu erörtern und ihre Sichtweisen einzubeziehen.
  • Die Ruhrauen auf dem gesamten Areal von Westhofen bis Geisecke stellen eine nahezu einzigartige, weitgehend naturbelassene Landschaft dar, die für Flora und Fauna, für Hochwasser- und Klimaschutz und damit auch für das Stadtklima in höchstem Maß bedeutsam ist. 
  • Die letztlich dem Rat vorgelegte abgespeckte Version der Überplanung der Ruhrauen schien uns nicht vertrauenswürdig und ehrlich gemeint. Wir trauen dem Bürgermeister an dieser Stelle nicht, dass er es mit der Natur und seinen Verschönerungsplänen ehrlich meint.
  • Das Lock- und Druckmittel IGA 2027 wurde aus unserer Sicht unredlich ins 

Gespräch gebracht: so stellte der Bürgermeister erheblich andere Fristen und Vorgaben der IGA-Verantwortlichen dar als unsere Recherchen ergaben. 

    • So steht in Frage, ob es wirklich eine Frist zur Beteiligung an der IGA bis zum 30.9.2018 gibt. 
      • Unsere Recherchen ergaben eine Frist zur Interessensbekundung für das IGA-Modul „Unsere Gärten“ bis zum Jahresende.
    • Es ist strittig, ob sich die Notwendigkeit eines extra Beitritts der Stadt Schwerte so ergibt wie vom Bürgermeister dargestellt.
      • Unsere Recherchen ergaben, dass es völlig ausreichend zu sein scheint, dass der Kreis Unna als Gebietskörperschaft und Teil des RVR beigetreten ist.
    • Es steht in Frage, ob für eine Beteiligung am kleinsten IGA-Modul „Meine Gärten“ jetzt im September eine positive Ratsentscheidung notwendig ist.
      • Nach unseren Recherchen gibt es noch gar keine Ausschreibungskriterien für dieses Modul und demzufolge eine noch andauernde Bewerbungsmöglichkeit in den kommen zwei bis drei Jahren.
        Zudem muss hier gar keine offizielle Beteiligung der Stadt zu Grunde liegen, sondern Initiativen und Vereine werden sich mit ihren Garten-Vorhaben direkt bewerben können.
    • Es steht in Frage, ob – wie vom Bürgermeister behauptet – auch die existierende Bewerbung der Ev. Landeskirche mit Haus Villgst beim IGA-Modul „Unsere Gärten“ davon abhängig ist, dass der Rat am 26.9.2018 eine Beteiligung positiv verabschiedet. 
      • Unsere Annahmen gehen dahin, dass es sich ein Bewerber wie die Ev. Landeskirche nicht nehmen lassen wird, sich zu beteiligen. Da wird nicht gefragt werden, ob die Stadt Schwerte nun mitmacht oder nicht.
    • Last but not least steht in Frage, ob es überhaupt neues und zusätzliches Geld für IGA-Projekte geben wird. 
      • Unsere und die Recherchen der CDU haben ergeben, dass nur bereits zugesagte Städtebau-Fördermittel umgeschichtet und für IGA-Projekte eingesetzt werden sollen.
        Außerdem ist es zweifelhaft, ob überhaupt Mittel für Bewerbungsprojekte der Stadt bewilligt würden, weil der in Rede stehende Topf bereits mehrfach überzeichnet sein soll. 

Wir Grüne im Rat sind froh, bei den KollegInnen der CDU-Fraktion und dem Ratsmitglied Frau Goeke auf „Gesinnungsgenossen“ gestoßen zu sein, die wie wir wertkonservative Aspekte höher achten als kurzfristige Prestigeerfolge durch die IGA!

Gemeinsam wurden Vorstellungen diskutiert, nicht die Stadt näher an die Ruhr zu bringen wie vom Bürgermeister propagiert, sondern das Grün näher an die Stadt bzw die Besinnung darauf, dass Schwerte eher einen Charakter des „Wohnens und Erholens“ als den einer Einkaufsmetropole pflegen sollte. Und dabei spielt der Aspekt einer weitgehend naturbelassenen Ruhr durch Schwerte eine ganz wichtige Rolle.

Unstrittig und unabhängig davon sind für uns kleine Verbesserungen wie z.B. eine eventuelle Verbeiterung des Radweges oder Ähnliches. Dem wollen wir uns nicht verschließen. 

Wir sind auch froh darüber, dass es jetzt zu Bürgerbeteiligungsaktionen durch die Stadt kommen soll.

Gleichwohl werden die Grünen in Erwägung ziehen, ggf. auch eigene Beteiligungsforen mit denen zu organisieren, die bei unserem Ortstermin am 20.9. 2018 ihr Interesse daran bekundet haben: BUND, AGON, die Bürgerbeet-Gruppe, die Projektgruppe Bärenklau wie auch ein Vertreter der Heimatvereine in Westhofen und einzelne BürgerInnen gehören dazu. Bruno Heinz-Fischer formulierte dies bei der Diskussion im Fachausschuss shr passend mit: „Die Natur inszeniert sich selbst“

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